Thomas Fröbel beendet Handball-Karriere in Verls erster Mannschaft
Von Stefan Herzog
Verl (gl). Seinen ersten Auftritt im roten Verler Trikot hatte er in einer mit annähernd 900 Zuschauern gefüllten Verler Dreifachhalle – und auch in seinem letzten Spiel als Handballer der ersten Mannschaft brachten Trommler und nicht viel weniger Publikum die Halle zum Beben.
Zwischen dem Siebenmeter, mit dem Thomas Fröbel am 12. September 2009 den 27:26-Endstand gegen die HSG Augustdorf-Hövelhof erzielte und dem am Ende vorentscheidenden Sieg über den VfL Herford am 24. Februar dieses Jahres liegen um die 210 Spiele und 1215 Tore in elf Saisons und drei verschiedenen Ligen für den TV Verl. Der tritt im kommenden Spieljahr in der neuen Oberliga, (die die bisherige Verbandsliga ersetzt) an – dann aber ohne Fröbel.
Denn beim 33-Jährigen, der seit Saisonbeginn mit einer Schambeinentzündung ausgebremst oder gehandicapt wurde, riss im Herford-Spiel der rechte Bauchmuskelstrang und die Adduktorensehne, die am lädierten Schambein ansetzt. Mittlerweile ist Fröbel wieder schmerzfrei, konnte beim Pfingstturnier auch als Schiedsrichter übers Parkett rennen. Doch als Spieler wird der als Linksaußen gekommene und als variabler Rückraumspieler das Team führende Architekt nicht mehr in der ersten Mannschaft auflaufen. So ist der Plan.
Beide Partien waren hochemotional, werden dem 33-Jährigen deshalb auch unvergessen bleiben und bilden einen perfekten Bogen für Thomas Fröbel. Denn genau diese Emotionen, die den ersten und letzten Auftritt befeuerten, waren auch die wesentliche Grundlage für sein Spiel – sagt Thomas Fröbel zumindest selbst: „Ich war jemand, der polarisiert. Und ich habe das im Lauf der Zeit bewusst angenommen, auch, um Mitspieler in Schutz zu nehmen.“ Denn er könne, im Gegensatz zu vielen Jüngeren im Team, mittlerweile damit umgehen, wenn der Gegner „sich auf mich einschießt.“
Dass ihm seine Spielweise, mit viel Tempo in den Zweikampf zu gehen und dabei keinen Gegnerkontakt zu scheuen, gepaart mit besagter Emotionalität oft als Arroganz ausgelegt wurde, das ist dem in Paderborn-Elsen geborenen, und in der B- und A-Jugend beim TBV Lemgo ausgebildeten Rechtshänder bewusst.
„Aber 99 Prozent meiner Mitspieler sehen das anders, weil es mir bei allem immer um den mannschaftlichen Erfolg ging“, sagt Fröbel, der nicht nur in der Landes-, Verbands- und Oberliga für den TV Verl gespielt, sondern das Team auch über drei Spielzeiten trainiert hat. Und das mit Erfolg, denn mit dem jungen Gespann Fröbel/Robert Voßhans korrigierten die Verler den ersten Abstieg aus der Verbandsliga und kehrten postwendend in die fünfthöchste Spielklasse zurück.
Starke berufliche Beanspruchung veranlassten den Architekten schließlich, das Traineramt wieder abzugeben.
Viel in Lemgo gelernt
Verl (zog). Sein Ehrgeiz und sein Engagement für den Verein brachten Thomas Fröbel dann zurück aufs Spielfeld, aber in der Rolle des Leaders, der Verantwortung in schwierigen Situationen übernimmt – und dabei die Anweisungen seines einstigen Co-Trainers akzeptiert und umsetzt. Und das uneitel und gewiss nicht arrogant.
So hat sich der lange Jahre in Verl wohnende Fröbel nicht nur als verlängerter Arm des Trainers auf dem Spielfeld, sondern auch außerhalb des Sports eingebracht. Sei es als der Verantwortliche für die Ausrüstung von der Socke bis zur Tasche oder mittlerweile als Kommunikator zum Abteilungsvorstand. Zudem führt Thomas Fröbel sämtliche Listen, von der Mannschaftskasse über den Fahrtenplan bis zu den eigenen erzielten Toren. Denn neben Emotion ist auch Excel ein Merkmal des Handballers Fröbel.
Der ist in einer Handballfamilie groß geworden: Der Vater hat die Brüder mitgenommen, und als der zwei Jahre ältere Bruder Tobias (spielte später lange für die TSG Altenhagen-Heepen und trainiert jetzt die TSG-Reserve als künftigen Ligakonkurrenten) zum TBV Lemgo wechselte, folgte Thomas ihm nach.
„Unter Michael Thierauf in der Lemgoer A-Jugend habe ich handballerisch die größte Entwicklung genommen“, sagt Fröbel. Dann gab es nochmal einen Schub, als „ich zwei, drei Jahre später 15 Kilo Gewicht verloren habe und fitter geworden bin. Da habe ich mich geärgert, dass ich mich in der Jugend nicht schon früher diszipliniert habe. Und ich habe gemerkt, dass man auch außerhalb des Trainings noch viel tun kann und muss.“
Ein Jahr (2013/14) hat es der flinke und in seinen Würfen variable Rechtshänder bei der TSG Altenhagen-Heepen probiert, bis es ihn wieder nach Verl zog.
In dreckigen Einheiten den Spirit erarbeiten
Verl (zog). Dort hat ihm später Sören Hohelüchter („der Trainer, mit dem ich mich menschlich extrem gut verstanden habe und jetzt befreundet bin“) ein achtwöchiges Probetraining beim Zweitligisten ASV Hamm vermittelt, der Verletzungsprobleme auf der linken Außenbahn hatte. „Eine extrem coole Erfahrung“, beschreibt Fröbel die Zeit unter Trainer Kai Rothenpieler. Weil die verletzten Spieler früh wieder fit waren, wurde es aus einer durchaus möglichen Verpflichtung nichts, und Fröbel kehrte nach Verl zurück.
Und jetzt nochmal ein Aufstieg. „Ich habe die Jungs der Jahrgänge 1998 und 2000 ja schon in der B-Jugend trainiert. Für die freut es mich am meisten“, sieht Fröbel den Entwicklungsprozess des aktuellen Meisterteams. „Ich hatte nie Zweifel, dass wir es schaffen können. Aber wie die Mannschaft ihren Spielstil durchgebracht hat, wie sie Spiele gedreht hat, das macht mich stolz.“
Jetzt geht es um den nächsten Schritt. „In der Vorbereitung, in den dreckigen Einheiten auf dem Sportplatz, muss sich das Team den Spirit erarbeiten. Eine neue Statik im Team, wie neue Hierarchien, müssen entstehen“, blickt Thomas Fröbel auf die Spielzeit, in der er nicht mehr dabei ist.
Dass ihn eine Verletzung ausgebremst hat, verbittert den technisch versierten Handballer nicht. „Ich bin alles in allem gut durch die Jahre gekommen“, zählt der 33-jährige zwei neue Schneidezähne, eine Schulterverletzung und einen Kreuzbandriss als akzeptable Bilanz auf.
Dass es ihn ausgerechnet in der entscheidenden Herford-Partie, der er mit einer Topleistung 20 Minuten lang seinen Stempel aufgedrückt hatte, endgültig erwischte, kann Fröbel verschmerzen. Denn die Mannschaft hatte sich davon nicht von ihrem Erfolgsweg abbringen ließ.
„Ich bin mittlerweile mehr Verler als Paderborner“, wird Thomas Fröbel dem Handball an der St. Anna Straße als Schiedsrichter und als Spieler in der „Dritten“ erhalten bleiben. Zudem strebt er in diesem Sommer die Trainer-C-Lizenz an.
„Ich bin aber auch offen für neue Sportarten“, liebäugelt Fröbel bereits damit, mit dem mittlerweile passionierten Golfer Sören Hohelüchter über ein paar Grüns zu gehen. Auch Tennis mit dem Herrenwart und zugleich guten Freund Jonas Guntermann ist denkbar. Eines aber steht fest: „Als emotionaler Fan werde ich wohl bis zum Lebensende gern in die Handballhalle gehen.“
Zitate
„Für Thomas gab es in Sachen Handball immer nur Vollgas, auf, sowie neben dem Platz. Er hat sich nie versteckt und ist gern vorangegangen. Aber vor allem ist er ein feiner Kerl, den man gerne zum Freund hat.“
Sören Hohelüchter
„Thomas hat den Verler Handball geprägt wie kaum ein Anderer in den letzten 15 Jahren. Wir haben als Trainergespann nach dem unglücklichen Abstieg 2019 eine geile Zeit gehabt und gemeinsam 2021 den Wiederaufstieg gefeiert. Auch bin ich ihm extrem dankbar, dass er nach seinem Kreuzbandriss und Karriereende noch einmal als Spieler zurückgekommen ist und meine junge Mannschaft als Leader angeführt hat und sich nun mit einem Aufstieg verabschieden konnte. Ich wünsche mir sehr, dass er uns mit seiner Expertise und seinem unvergleichlichen Engagement erhalten bleibt. Er ist ein großes Vorbild für die nächste Generation, und ich hoffe, dass sich der ein oder andere etwas von Thomas’ Ehrgeiz abschaut.“
Robert Voßhans